Der sorbisch-deutsche Schriftsteller Erwin Strittmatter (1912-1994) schuf mit seiner autobiografischen Romantrilogie „Der Laden“ (1983/1987/1992) ein herausragendes Werk der deutschsprachigen Literatur. Regisseur Jo Baier und sein Kameramann Gernot Roll (‚Heimat’) verfilmten den Roman einfühlsam nach dem Prinzip des Gedächtnisses.
Erzählt wird eine Familiengeschichte über drei Generationen aus der Perspektive des Schriftstellers Esau Matt, der sich als alter Mann an das Jahr 1919 erinnert, als seine Familie im Juni ins Niederlausitzer Dorf Bossdom nahe der deutsch-polnischen Grenze zieht und dort einen Kramladen mit eigener Bäckerei eröffnet. Im Mittelpunkt steht er selbst als Neunjähriger, der ein aufmerksamer Beobachter des Dorflebens ist, sich vor allem aber an seine Familie erinnert: an den lebensklugen Großvater, die Anderthalbmeter-Oma, seinen Vater, der vom Farmerleben in Amerika träumt, die Mutter, die zwar einen Laden, aber nicht Buch führen kann. Auch erinnert er sich daran, wie das Kindermädchen allen den Kopf verdreht, ebenso an all die Dramen aus der Nachbarschaft, an Prügelstrafe, Liebesleid und Selbstmord.
„Es ist schon überwältigend, mit wie viel Sorgfalt, ästhetischer Bravour und dramaturgischer Ökonomie Jo Baier Strittmatters Kosmos inszeniert. Wie es ihm gelingt, poetisierendes Erzählen mit Elementen des Komischen, des Tragischen, des Rührenden und auch Verletzenden zu verbinden, ohne je sentimental oder pittoresk zu werden.“ (Sybille Simon-Zülch, Süddeutsche Zeitung)
„‚Der Laden’ ist zeitgeschichtlich kein Ladenhüter. Es geht in ihm um die Wiederentdeckung des Eigensinns, der Beschränkungen durch die Natur, der Gewalt der unterdrückten Träume, der Verstrickungen einer Familie. Strittmatter erkundet das wirkliche Leben in seiner ganzen Fülle, eine harte, wenige Illusionen belassende Arbeit… Heimat, unüberwindbar und undurchschaubar, klebt wie Lehm an den Füßen. Sie nährt und würgt zugleich, ihren Zauber bricht kein Fortschritt. Strittmatter verwickelt Menschen, Natur und Gegenstände zu unentwirrbaren Knäueln. Alles ist in Bewegung, beseelt von eigenartigen Energien.“ („Der Spiegel“)